Fliegen ist nicht schöner!

Geposted von prorallye am 7. September 2010 Kommentieren

Ich war im letzten Jahr nach einigen Jahren Pause mal wieder bei der Saarland-Rallye. Die Rallyes werden ja immer unspektakulärer. Japanische Autos, die klingen wie ein Blecheimer auf Rädern und die wie auf Schienen durch die Kurve fahren. Wer möchte so was sehen?

2009 war das aber anders. Ich hörte schon entfernt ein Röhren, von dem man eine Gänsehaut auf die Jacke bekam. Das Geräusch wird lauter. Oleck! (saarländisch für: “Ich bin tief erstaunt über etwas völlig Unvorhergesehenes!” J) Dann kommt ein roter GT3 im Tiefflug um die Ecke. Wie geil ist das denn?! Spektakulär und trotzdem richtig schnell. So schön kann Rallyesport sein. Jedes Mal, wenn das feuerrote Geschoß vorbeikommt, ist bei mir in der Kurve Stimmung wie bei der Monte. Mein Bruder ist auch begeistert. Er bucht für dieses Jahr für uns eine Mitfahrt beim Shake Down auf dem Stadtrundkurs Lebach.

Treffpunkt ist gegen 20:00 Uhr. Es begrüßt uns eine junge Dame, zierlich, sehr hübsch. Mein erster Gedanke: Bei der Hostess haben die nicht gespart. Sie stellt sich vor: Alexandra, Co-Pilotin. Hoppla. Mein zweiter Gedanke: Wie kann der Mann sich auf die Straße konzentrieren? Sie ist erfrischend unkompliziert, man duzt sich gleich. Sie gibt uns ein paar Instruktionen, erzählt von Leuten, die sich während der Fahrt an der Handbremse festhalten wollten. Ihr Lachen ist ansteckend. Alles ist sehr entspannt.

Jetzt in den Renn-Overall. Dobberkau wartet schon am Auto. Lacht freundlich: “Hallo, ich bin der Olaf. Freut mich!” Das nimmt man ihm auch ab. Keine Spur von Star-Allüren. Der Mechaniker setzt mir den Helm auf, verzurrt mich mit dem Sechspunkt-Gurt im Auto. Verdammt eng in der Kiste zwischen den Überrollbügeln. Platzangst sollte man keine haben. Wir stehen in der Schlange zum Start. Fachsimpeln noch ein bisschen über Allradantrieb, Schotterprüfungen und die Meisterschaftschancen. Sympathischer Typ der Olaf.

Jetzt ist es so weit. Wir stehen wir am Start. Er fragt mich, ob ich Angst habe? Nein, überhaupt nicht. Hab ihn doch letztes Jahr fahren sehen. Noch einmal Shake hands. Und dann geht´s ab. Der Porsche geht vorwärts wie vom Katapult geschossen, brüllt dabei wie ein Tier. Mist, ich hätte vorher tief einatmen sollen. Der Start ist im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Wenn Du befürchtest, der reißt eine lockere Runde runter – vergiss es!

Wir schießen auf die erste Linkskurve zu. Verdammt, wann bremst der denn? Als hätte sich grad mein Fallschirm geöffnet werde ich nach vorne in den Gurt geworfen. Einlenken, Gasstoß, schon setzt das Heck zum Überholen an. Gegenlenken, der Porsche steht wieder gerade, wir schießen jetzt auf den Kreisverkehr zu . Wusch, schon vorbei: Jetzt eine enge 90 Grad-Linkskurve. Handbremse kurz und knackig angezogen. Er dirigiert das Heck genau dahin, wo er es haben will.

Gas, mir ziehts die Falten aus dem Gesicht. Jetzt die Schikane: Zack zack, mein Helm dozt einmal links, einmal rechts an und wir sind durch. Mein Kopf wackelt wie bei einem Dackel auf der Hutablage. Alter Schwede, da ist gewaltig Dynamik im Auto.

Der erste Schock ist soweit verflogen, dass ich mal zu Olaf rüberschauen kann. Der bewegt Hände und Füße unglaublich schnell und doch entspannt. Wie ein Organist bei Bachs Toccata. Das hat schon was Virtuoses. Die Musik dazu kommt aus den sechs Zylindern. Infernalisch. Mal brüllt, mal bellt der Boxer heiser. Olaf lässt fliegen, arbeitet richtig für sein Geld. Und der Mann hat einfach Spaß.

Irgendwann sind die zwei Runden leider vorbei. Trockene Frage: “Na, wie war´s?” Das hört sich bei ihm an, als hätte er immer noch Ruhepuls 65. Ich brauche erst einige Sekunden um mich wieder an meine Muttersprache zu erinnern: “Geil war´s, Hammer-geil.” Ich schäle mich aus dem Auto, breit grinsend wie ein Kind vor dem Weihnachtsbaum.

Ich möchte bei Alexandra einen halbwegs vernünftigen Eindruck hinterlassen, kriege das Grinsen aber nicht aus meinem Gesicht. Sie lacht, findet das lustig! Wir plaudern noch ein viertel Stündchen nett. Sie erklärt mir ihr Gebetbuch. Sie erzählt, dass sie Olaf manchmal einbremsen muss, wenn er für eine gute Show für die Fans auch mal ein paar zehntel Sekunden liegen lässt. Dann kommt mein Bruder von der Strecke zurück. Ich bin beruhigt: Das gleiche idiotische Grinsen!

Liebe Grüße aus dem Saarland
Klaus Menzner
Zahnarzt

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